In den Osterferien waren wir für eine Woche zum Hausbooturlaub mit Kind in Frankreich, in der wunderschönen Region Elsass-Lothringen, unterwegs.
Urlaub auf dem Hausboot war für uns eine echte Premiere. Wir sind vorher noch nie selber Boot gefahren (kleine Ruderboote mal ausgenommen) oder waren gemeinsam im Camper unterwegs (was dem Zusammenleben auf dem Hausboot wohl am nächsten kommt).
Alleine mit einem Boot über den Rhein-Marne-Kanal schippern … wo wir doch weder Wasserkarten lesen können … noch eine Schleuse bedienen können … geschweige denn ein Tau werfen und damit ein Boot richtig festmachen können. Dementsprechend Respekt hatte ich vor dieser Reise und war mehr als angespannt, was uns erwartet.
Gemietet haben wir unser Hausboot von le boat, ab der Basis im Französischen Hesse. Von Köln bis nach Hesse sind es cirka 4 Stunden mit dem Auto. Begleitet wurde wir auf dieser Strecke von heftigen Regenfällen und Gewitter. Ein Urlaub sollte echt anders beginnen.
Ein Bötchen des Typ Clipper mit Platz für 4 + 2 Personen verteilt auf 11 Metern Länge wird für eine Woche unser Zuhause sein. Darauf haben wir – zwei Erwachsene, ein Kind und ein Hund – ausreichend Platz.
Tag 1: das erste mal Hausboot fahren – nach Niderviller
Der Check-in in Hesse dauerte recht lange. Unser Hausboot hat einen defekten Scheibenwischer und da es scheinbar nicht aufhören möchte zu regnen, brauchen wir auf jeden Fall einen funktionstionstüchtigen Scheibenwischer.
Am späten Nachmittag ist unser Boot bezugsfertig. Wir nutzen eine kurze Regenpause, um unser Hab und Gut sowie die Vorräte annähernd trocken ins Boot zu befördern.
Noch im wir-beziehen-gerade-unser-Hausboot-Durcheinander gab es die Einführungsrunde mit einem Mitarbeiter von le boat. Wie steuert man das Boot … worauf ist beim Strom zu achten … wo ist der Frischwassertank … wie schaltet man den Steuerstand um … welches Lämpchen muss wann leuchten und wann nicht. Ganz schön viel zu merken. Ich war wirklich froh, dass ich den Mann dabei hatte für den sowas ein leichtes ist.
Mein Tipp für Erst-Hausbootfahrer: macht unbedingt eine Einführungsfahrt durch den Hafen und lasst euch nicht nur zeigen wie das Boot funktioniert sondern auch wie es reagiert und wie man einparkt.
Gegen 17 Uhr fühlen wir uns der Herausforderung Hausboot fahren gewappnet und machen uns auf den Weg zum nächstgelegenen Hafen nach Niderviller. Ufff … es geht los. In Schlangenlinien eiern wir mit dem Boot den Kanal entlang. Man könnte meinen wir haben einen im Kahn, dabei dauerte es einfach seine Zeit, bis wir uns an die Reaktion des Bootes gewöhnen und das Steuerrad entsprechend sensibel betätigen können.
Dann der erste Anlegeversuch in Eigenregie. Der Mann lenkt das Boot sehr zielsicher in einen freien Platz am Hafen. Ich bin Baff, der Kerl hat’s echt drauf. Pöööm … das Boot dockt sanft am Ufer an, ich hüpfe vom Boot und bin heilfroh, mich dabei nicht im Seil zu verheddern und schon im ersten Hafen zum Affen zu machen.
Pah … aber wo soll ich denn bitte das Seil festmachen, wenn wir doch genau zwischen drei Pontos angelegt haben? Doch ein kleiner Erstanleger-Fail. So breit können wir uns im Hafen nicht machen, also ziehen wir mit vereinten Kräften das Boot in Position und das Kind befestigt es mit einer gekonnten Knotenacht. Ha, hier zahlen sich Reitunterricht und das Wissen ums richtige Schlaufe legen also aus.
Sagenhafte 6 Kilometer haben wir von Hesse nach Niderviller zurückgelegt, aber beim Hausbooturlaub gilt ja das Motto: Der Weg ist das Ziel! Viel weiter wären wir zu so später Stunde auch nicht gekommen, denn Tunnel und Schleusen, die nach dem Hafen in Niderviller auf uns warten, schliessen recht früh und dann ist einfach kein Durchkommen mehr.
Also richten wir unser Bötchen gemütlich ein, beziehen die Schlafkabinen, kochen Nudeln zum Abendessen und freuen uns, dass wir die erste Mini Etappe mit Bravour gemeistert haben. Das Kind springt aufgeregt auf dem Boot umher und dann … hey, lange nicht gesehen … wer bist denn du? … kommt doch noch die Sonne raus und zeigt uns wie schön es hier doch ist.
Tag 2: wir schippern über Arzviller nach Saverne
Die Nacht war wirklich Arschkalt – das kann man einfach nicht anders sagen. Wir waren so froh, am Landstrom zu hängen und haben die ganze Nacht über die Heizung laufen lassen. Danke meiner Camping Erfahrungen hatte ich vier dicke Wolldecken dabei, die uns die Nacht noch angenehmer und erträglich gemacht haben. Wir wollen auch nicht meckern, wer seinen Hausbooturlaub in den wechselhaften Frühlingsmonaten antritt, muss eben auf alles vorbeitet sein. Und gut vorbereitet waren wir.
Am nächsten Morgen wachen wir bei strahlendem Sonnenschein auf. Kein Wölkchen ist am Himmel zu sehen. Kaum zu glauben nach dem grauen und verregneten Tag gestern. Es ist fast schon schade, dass wir den Hafen heute wieder verlassen, doch nach einem stärkenden Frückstück ging es für uns auf zur zweiten Etappe in Richtung Saverne.
Vor uns liegt der wohl aufregendste und spannendste Teil unserer Strecke auf dem Rhein-Marne-Kanal. Auf den 29 Kilometern von Hesse nach Saverne müssen wir durch zwei Tunnel fahren, ein Schiffshebewerk passieren und das Boot durch 13 Schleusen manövrieren. Aber hey, wir können jetzt anlegen, dann schaffen wir auch das!
Tunnel von Niderviller und Tunnel von Arzviller
Zur Einstimmung auf unsere Tagesetappe folgen zwei Tunnel. Der Tunnel von Niderviller mit 475 m und der Tunnel von Arzviller mit 2 306 m. Beide Tunnel sind jeweils nur in eine Richtung befahrbar, d.h., wenn sich ein Boot im Tunnel befindet und die Ampel rot leuchtet, muss am Ponton am linken Ufer angelegt werden und gewartet werden. Da wir als erste den Hafen verlassen, haben wir niemanden vor uns und können beide Tunnel sofort passieren.
Gut zu wissen: Die Brücke an der Ausfahrt des Hafens in Niderviller gibt die Höhe der beiden folgenden Tunnel an. Wer nicht durch diese Brücke passt, passt auch nicht durch die Tunnel. Weißte Bescheid!
Die Fahrt den schmalen Kanal entlang zum Tunnel hin ist wunderschön. Die morgendliche Sonne lugt durch die Bäume mit zartem Frühlingsgrün. Es ist ein herrlicher Morgen.
Als wir im Tunnel verschwinden wird es sogleich dunkel und kalt. Kein Wunder, da kommt ja kein fitzelchen Sonne hinein. Es empfiehlt sich also, eine Jacke zu tragen.
Schiffshebewerk Arzviller – ein Meisterwerk der Technik
Nach dem Tunnel kommt das Highlight der Tagestour – das Schiffshebewerk in Arzviller. Ein Meisterwerk der Technik, mit dem Boote 44 Meter Höhenunterschied in einer knappen halben Stunde überwinden.
Das Schiffshebewerk ersetzt die alte Schleusentreppe von Arzviller. Auf 3,6 km gab es 17 Schleusen, die so eng aneinander waren, dass man warten musste bis das entgegenkommende Schiff manövriert hat. Eine Tal- oder Bergfahrt dauerte damals bis zu 10 Stunden – heute nur noch 25 Minuten.
Vor uns liegt ein Ausflugsschiff am Ponton. Flux legen wir dahinter an und verschaffen uns erstmal einen Überblick über dieses gigantische Bauwerk. In einer überdimensionalen Wanne werden gerade zwei Schiffe vom Tal bergauf befördert. Wahnsinn was für massen an Wasser und Gewicht sich da in Bewegung setzen.
Jetzt sind wir dran. Unter den Blicken dutzender Ausflügler, die uns von der Aussichtsterrasse beobachteten, fahren wir in den Trog hinein und mit Hilfe meiner kleinen Co-Matrosin mache ich das Boot fest. Auch wenn wir uns dabei vermutlich als blutige Anfänger outen, solange keiner von uns ins Wasser fällt läuft für mich alles gut.
Weniger als eine Stunde inklusive Wartezeit haben wir für diese 44 Meter Höhenunterschied gebraucht. Die Wartezeit vor dem Schiffshebewerk kann aber auch um vieles länger sein. Je nach Länge der Schiffe passen zwei bis drei Schiffe pro Tal- oder Bergfahrt in den Trog. In der Hochsaison können sich Wartezeiten so schnell summieren.
Von Arzviller nach Lutzelburg
Nach dem Trog ist vor der Schleuse. Hinter Arzviller wartet die erste Schleuse darauf, von uns passiert zu werden. Aber was ist das? … Die Schleuse ist leer und das Wasser ist auf Tiefstand. … Was nun??? … Ratlos legen wir am Ufer an und befragen das Bordbuch. Plötzlich steigt ein Schiff in der Schleuse empor und es macht klick. Die Schleuse wurde also gerade aus entgegenkommender Richtung befahren. Das haben wir von oben nicht gesehen.
Die Fragezeichen scheinen uns jedoch übergroß in den Augen zu stehen, denn vom entgegenkommenden Boot bekommen wir zugleich Tipps für den Schleusenvorgang. Am Häuschen des Schleusenwärter müssen wir unseren Schleusenvorgang anmelden und setzen damit eine ganze Schleusenkette in Gang. Die Häuschen sind unbesetzt und per Knopfruck rufe ich den Schleusenwärter an. Glücklicherweise spricht dieser Deutsch, denn mein Französisch beschränkt sich auf Bonjour und au revoir. Der Wärter schaltet für uns die Schleuse und damit auch die Schleusenkette bis nach Saverne frei.
Der Rhein-Marne-Kanal (oder Canal de la Marne au Rhin) ist ein moderner Kanal mit mechanisierten Schleusen. Wir fahren in die Schleuse hinein, legen das Halteseil um das Ponton und die kleine Co-Matrosin betätigt die blaue Stange, die den Schleusenvorgang auslöst. Daraufhin schließt sich das Schleusentor und das Wasser strömt hinein. Ganz schön spannend so ein Hausbooturlaub. Die erste Schleuse ist geschafft und auch die folgenden meistern zunehmend sicherer und routinierter im Ablauf.
Für eine kleine Mittagspause legen wir im Hafen von Lutzelburg an. Lutzelburg war das eigentlich auserkorene Ziel unserer Tagesetappe. Ein hübsches kleines Dorf, doch für heute haben wir noch nicht genug. Auch die Mini-Matrosin hat Spaß am Schleusen und möchte weiter. Wir checken die Entfernung und voraussichtliche Fahrtzeit bis nach Saverne und beschließen kurzfristig, wieder aufzubrechen.
Durch unseren Stopp in Lutzenburg haben wir die Schleusenkette unterbrochen und müssen diese erneut für uns freischalten lassen. Aber dann fluppt es. Mit jeder Schleuse werden wir sicherer und bald schon haben wir eine gewisse Routine entwickelt.
Begleitende Reiseführer
Auf unserer Reise hatten wir folgende Reiseführer dabei, die ich für weitere Entdeckungstouren im Elsass empfehlen kann:
Saverne mit dem prächtigen Schloss von Rohan
Die Einfahrt nach Saverne ist malerisch. Der Kanal führt um das Schloss von Rohan herum und direkt gegenüber befindet sich der Hafen. Der Hafenmeister weist uns einen freien Platz zu, auf dem wir millimetergenau einparken müssen. Kein Problem, der Mann hat’s ja voll drauf. Dazu bekommen wir tatkräftige Unterstützung von allen Seiten. Unsere Bootsnachbarn schieben und ziehen das Boot in die enge Lücke und noch bevor ich von Board gehen kann ist unser Boot schon festgemacht. Unter Hausboot Freunden hilft man sich eben.
Überall vom Hafen aus hat man einen tollen Blick auf die Schlössen gegenüber. Doch wir können diese fantastische Kulisse von Deck unseres Hausbootes aus erster Reihe geniessen. Glückseligkeit macht sich breit, als wir gemeinsam in Wolldecken eingekuschelt am Bug sitzen und den Sonnenuntergang beobachten. Hausbooturlaub kann so schön sein!
Sobald die Sonne verschwunden wird es kühl und auch unsere Mägen melden sich hungrig zu Wort. Wir folgen der Empfehlung unserer Bootsnachbarn und gehen ins Restaurant La Marne (5 Rue du Griffon, 67700 Saverne, FR) an der großen Schleuse zum Abendessen. Bei knusprigem Flammkuchen und deftiger Pizza lassen wir den Abend entspannt ausklingen.
So geht’s weiter – Reisebericht Teil 2
Im nächsten Reisebericht zu unserem Hausbooturlaub nehme ich euch mit durch Saverne. Ausserdem fahren wir nach Hesse Retour und darüber hinaus noch ein Stückchen weiter in Richtung Nancy. Auf dem Weg passieren u.a. die gigantische 16 Meter tiefe Schleuse von Réchicourt-le-Château.
XOXO
Hach, mit einem Hausboot wäre ich auch gerne mal unterwegs. Unterscheidet es sich doch sehr stark von den üblichen Fortbewegungsmittelen. Du hast mir auf alle Fälle total Lust darauf gemacht!
Oh ja, es ist eine wirklich sehr langsame Art des Reisen und der Weg ist das Ziel. Macht aber riesigen Spaß und ich kann es euch nur empfehlen.
Nach meinen Informationen meldet man sich an der Schleuse an indem man eine Stange die über dem Canal hängt anmeldet, wenn man daran zieht?
Ein Freischaltung durch den Schleusenwärter nicht nicht mehr nötig.
Hallo Horatio,
die Freischaltung der Schleusen mittels Schnur die über dem Kanal hängt ist nicht immer und überall gegeben. Manchmal ist auch die Schleuse geschlossen, ohne das eine Boot entgegen kommt. Dann muss man sich am Häuschen melden und der Schleusenwärter schaltet die Schleusentreppe frei.