Tirol erleben – Skischule für Erwachsene

Feb 11, 2013 | Europareisen, Reiseziele | 10 Kommentare

Skischule in Tirol – Tausche Schneepflug gegen Angstschweiß! 19 Uhr. Ich liege völlig erschöpft auf dem Sofa in unserem Appartement und schaue Yakari im KIKA-Abendprogramm. Ich bin zu müde, um in meiner Urlaubslektüre „Donnerstags im fetten Hecht“ nur eine einzige Seite zu lesen und nachher zu wissen, was überhaupt drin stand. Meine Oberschenkel schmerzen zu sehr, […]
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Wer schreibt hier: Christina Nagel-Gasch | 45 Jahre | Diplom Kauffrau | Mutter einer 16-Jährigen Tochter | gern auf Reisen | liebe die Malerei | süchtig nach Törtchen & Schokolade

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Skischule in Tirol – Tausche Schneepflug gegen Angstschweiß! 19 Uhr. Ich liege völlig erschöpft auf dem Sofa in unserem Appartement und schaue Yakari im KIKA-Abendprogramm. Ich bin zu müde, um in meiner Urlaubslektüre „Donnerstags im fetten Hecht“ nur eine einzige Seite zu lesen und nachher zu wissen, was überhaupt drin stand. Meine Oberschenkel schmerzen zu sehr, um einen Schritt mehr als nötig zu tun. Meine Glieder sind träge und müde, ich mag nicht mal ins Dorf gehen, um etwas zu Abend zu essen. Dabei war ich doch heute Mittag noch voller Eifer und wollte die Ski gar nicht abschnallen.

Skischule Tag 1: im Schneepflug über die blaue Piste

Unser Tag beginnt früh. Mit 6:45 deutlich zu früh für einen entspannten Urlaubstag. Doch Skifahren ist ja Sport. Da heißt es früh raus aus den Federn, schnell mit einem leckeren Frühstück stärken und ab in die dicken Skiklamotten. Skischuhe anziehen, Skier schnappen und zur Bushaltestelle um die Ecke gehen.

Gehen? In den Skischuhen läuft es sich wie mit Eimern an den Füssen, dazu drückt und zwickt es überall – einfach unbequem. Es sind keine 50 m bis zur Haltestelle, doch ich hätte schon wieder umdrehen können. Die Ski sind schwer und irgendwie lässt sich alles gar nicht so leicht handhaben wie es bei den geübten Skifahrern oft aussieht.

Zwei Stationen weiter stehen wir an der Talstation der Ehrwalder Almbahn. Die 8er-Kabinenbahn bringt uns hoch auf die Alm. 150 m neben der Bergstation ist der Sammelplatz der Skischule Total.
Hier outet sich schon mal jeder Anfänger! Während die Könner mit einem beherzten Tritt in die Ski schlüpfen, stapfen die Anfänger mit Ski im Arm zu Fuß den Starthügel runter. Am Sammelplatz angekommen werde ich – meinem Nichtkönnen nach – zu den absoluten Anfängern eingeteilt. Und genau da gehöre ich auch hin!

Unsere Gruppe ist überschaubar: 3 Schüler zwischen 30 und 45 Jahren und Skilehrerin Julia.

Skilehrerin Julia, von der Skischule Total in Ehrwald (AT)

Skilehrerin Julia, von der Skischule Total in Ehrwald (AT)

Wir üben den Einstieg in die Ski und wie man wieder raus kommt. Die Stellung der Ski zum Hang. Den Schneepflug. Kurven fahren. Parallel zum Hang fahren. Die Kanten benutzen. Ski belasten. Ski entlasten. Den Schneepflug rückwärts. Und die Arschbremse, zumindest theoretisch.

Vor dem Schlepplift hatte ich zuerst etwas schiss. Ski gerade halten. Stöcke nicht verlieren. Schleppteller schnappen und nicht wieder loslassen. Den Teller unter den Hintern klemmen und die Balance nicht verlieren. Auf irgendeine Art und Weise elegant oben ankommen und nicht ungewollt in der Mitte absteigen.

Der Schlepplift - das zu bezwingende Ungetüm

Der Schlepplift – das zu bezwingende Ungetüm

Doch alle Angst war unbegründet – ich habe den Schlepplift bezwungen. Freunde werden wir jedoch nicht.

Unser kleiner Kurs macht sich bemerkbar. Zu dritt geht alles viel schneller. Offensichtlich hat mein Hirn auch etwas vom Skikurs vor 7 Jahren behalten. Ich stand damals für 4 Stunden in der Skihalle in Neuss zum Schnupperkurs auf Ski – doch seit dem nie wieder. Aber es war diesmal nicht alles so komplett neu. Ich kam wieder rein und vor allem, ich kam unfallfrei den Übungshang runter.

Endorphine? Adrenalin? Überschwängliche Freude? Ich weiß nicht was es war, aber ich war heiß darauf, mehr als nur den Übungshügel runter zu rutschen.

Die Skischule Total stellte mir netter Weise Julia auch für den Nachmittag zur Seite, als Privatlehrer. Zwei Stunden Mittagspause. Ausruhen, etwas Essen, wieder Kraft tanken, dann traf ich Julia wieder.

Wir rutschen zum Aufwärmen noch etwas über den Übungshang rauf und runter, bevor es
ZU MEINER ERSTEN ABFAHRT AUF EINER BLAUEN PISTE geht. Einen richtigen Berg runter!!!

“Blaue Piste, ist doch easy”, höre ich in Gedanken die versierten Skifahrer auf dem Hang rufen und gehe dabei verschiedenste Szenarien durch, wie ich wohl unten ankommen werde.

Plötzlich sieht alles ganz anders aus. Es ist realer und wirklicher! Ich stehe vor dem Abgrund!
Kein kleiner Übungshügel mehr zwischen den Bergen, sondern ein richtiger Hang, der den ganzen Berg hinunter führt. Es ist viel steiler. Und es ist auch viel mehr los. Skifahrer düsen links und rechts an mir vorbei. Die Piste ist auch nicht mehr seicht und mit frischem weichem Schnee bedeckt.

Dies ist eine völlig neue Erfahrung für mich.

Noch auf dem Gipfel oben dachte ich ernsthaft und frohen Mutes darüber nach, runter zu fahren, mit der Gondel wieder rauf und noch einmal hinab ins Tal schlittern. Pfft! Nix da! Niente!
Nach der Hälfte der Strecke kann ich nicht mehr. Verdammt! Was geht das in die Beine! Die Oberschenkel brennen. Wer hatte bloß die sch… Idee zum Skifahren – fluche ich zwischendurch! Wieso Sporturlaub und warum nicht Wellness-Urlaub? WAS zum Teufel mache ich hier?

Aber es nützt nichts, auf dem Hang kann ich nicht bleiben, zu Fuß runter ist auch irgendwie unmöglich, also muss ich mich durchkämpfen. Weiter ziehe ich meine Kurven und lasse unzählige Skifahrer an mir vorbei ziehen. Eine Arschbremse rettet mich davor, ungebremst mit voller Geschwindigkeit in den Wald zu zischen und gegen einen Baum zu knallen. Zumindest kam es mir in dem Moment so vor. In der Realität war dies keine wirklich dramatische Situation.

Am Ende komme ich unversehrt im Tal an. Ich bin zufrieden und sogar etwas glücklich über das, was ich geschafft habe. Ich bin sogar EINS mit dem Schnee und den Bergen geworden. Naja fast. Zumindest wenn ich rutschsicher im Tal stehe!

Skischule Tag 2 +3: Schneepflug gegen Angstschweiß

Die nächsten beiden Tage schwingt Toni das Skilehrer-Zepter. Da ich die Bergabfahrt bereits erfolgreich absolviert habe, werde ich in einer anderen Gruppe einsortiert.

Toni ist mit über 70 Jahren der älteste Skilehrer im Team und fit wie ein Turnschuh. Er gleitet scheinbar schwerelos über die Piste und ist locker in der Hüfte, wie ein achtzehnjähriger Samba-Tänzer. Wir sind 9 Schüler zwischen 25 und 55 Jahren. Aufgereiht in Reih und Glied legen wir schon mal eine ganze Piste kurzzeitig lahm, wenn wir nacheinander ausladende Kurven ziehen und die komplette Piste für uns ausnutzen.

Toni lehrt uns mit Engelsgeduld, das korrekte Parallelfahren und den Parallelschwung um die Kurve. Schneepflug ist ab jetzt für uns total out und darf nur im NOTFALL eingesetzt werden. Dabei fühlte ich mich im Schneepflug langsam recht sicher. Und nun sollte ich mich wagemutige den Hang hinab stürzen, mit der Gefahr, ungewiss schnell zu werden und nicht mehr bremsen zu können?! „Lass einfach mal laufen“, ruft Toni.

Skilehrer Toni und ich

Skilehrer Toni und ich

Gar nicht so einfach. Was bei Toni so Easy aussieht, erfordert höchste Konzentration von mir. Die richtige Beinstellung, Ski parallel und dabei den Talski belasten – also das Gewicht entgegen jedem Schutzempfinden vom Berg weg ins abgründige Tal zu verlagern.

Immer wenn sich ein paar Tropfen Angstschweiß auf meiner Stirn sammeln, ist Toni mit aufmunternden Worten da: “Locker bleiben. Gut machst du das. Klappt doch prima.”

Ich komme zwar immer auf irgendeine Weise unten an, schaffe es aber scheinbar nicht über das Stadium Schneepflug hinaus. Parallelschwung = Geschwindigkeit = Angstschweiß.
Es fluppt nicht so wie es sollte und wie ich es gern wollte.

Im Sessellift dösen meine Gedanken vor sich hin. Ich beobachte die anderen Skifahrer beschwingt über die Pisten gleiten und staune immer wieder über die Schönheit der Natur. Es ist wirklich toll hier oben, aber gehöre ich wirklich auf Ski?

Ganghoferhütte mit Bergpanorama

Ganghoferhütte mit Bergpanorama

Wir fahren verschiedene blaue Pisten der Ehrwalder Alm runter und ich lerne das Skigebiet ein wenig kennen. Die Familienabfahrt hat es mir angetan – eine ruhige Piste, die nicht so steil ist. Mir reichen die blauen Pisten vollkommen aus – selbst vor denen habe ich einen Heidenrespekt. Rote und schwarze Pisten auch nur aus der Entfernung zu sehen, löst bei mir schon leichte Panik aus. Wer um Himmels Willen stürzt sich da freiwillig runter?

Wenn ich mal ganz ehrlich bin und in mich hinein höre, weiß ich, dass ich nicht das Skihaserl von morgen bin. In meinen kuschelig weichen Winterboots fühle ich mich deutlich sicherer und wohler in den Bergen, als auf rutschigen Brettern mit unbequemem Schuhwerk.

Trotzdem möchte mich im nächsten Winter noch einmal für 2×2 Stunden einem Skikurs opfern und schauen ob es dann besser läuft. Ob es allein an der Übung liegt. Vielleicht sollte ich auch vorher einen Schnaps trinken, um etwas lockerer an die Sache zu gehen.

Aber ich werde mich wohl nie wagemutig und voller Eifer den Hang hinab stürzen.

Noch frohes Mutes geht's rauf auf den Berg.

Noch frohes Mutes geht’s rauf auf den Berg

Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Ski anschnallen oder laufen?

Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Ski anschnallen oder laufen?

Der Schlepplift - scheint unbezwingbar für den Anfänger.

Der Schlepplift – scheint unbezwingbar für den Anfänger

Skilehrerin Julia

Skilehrerin Julia

Meine ersten Versuche auf dem Übungshang

Meine ersten Versuche auf dem Übungshang

Voll im Bus nach Hause

Voll im Bus nach Hause

Verdiente Pause im Tirolerhaus

Verdiente Pause im Tirolerhaus

Offenlegung
Unsere Reise wurde von Tirol Tourismus im Rahmen der Aktion ‘Bergwinter in Tirol erleben’ unterstützt. Unsere Meinung wurde dadurch nicht beeinflusst.